In der Erzählung, die Plutarch (+ um 120 n.Chr.) überliefert, überlagern sich bereits die Vorstellungen von Labyrinth und Irrgarten. In einem Labyrinth hätte es nämlich keines Ariadnefadens bedurft. Die Wegführung des Labyrinths ist selbst wie ein sicherer Wegweiser. Niemals gelangt man an Wegscheiden, an denen man zwischen zwei oder mehr Möglichkeiten wählen muss. Wer nicht aufgibt und immer weitergeht, kann zwar seine Orientierung verlieren. Nachdem er dem Ziel schon ganz nahe schien, gelangt er mehrfach an die äußerste Peripherie zurück, um schließlich doch in der Mitte anzukommen.

Obwohl die Labyrinthüberlieferung des Altertums von der Irrgartenidee gestört erscheint, ist das Bild eines tatsächlichen Irrgartens bis zur Renaissance unbekannt. Die kretischen und späteren Labyrinthdarstellungen kennen nur den einlinigen, kreuzungsfreien Weg, der keine Verirrungsmöglichkeiten einräumt.

Das Labyrinth vom Typ Kreta kennen wir heute von Münzen und Nachzeichnungen. Ob es ursprünglich etwas mit der spätgriechischen Theseuserzählung zu hatte, darf in Frage gestellt werden. Das kretische Labyrinth hatte sieben Umgänge, denen vielleicht die Zahl der damals bekannten sieben Planeten zugrunde lag. Dann hätte das kretische Labyrinth (auch) eine kosmische Bedeutung gehabt. Vermutlich verband sich mit dem Labyrinth in Knossos auf Kreta ein Fruchtbarkeitstanz im Frühling, wobei die Tanzfiguren in ihrer Verschlungenheit das eigentlich Labyrinth abbildeten.

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